In so einer großen Marina wie in Stralsund freuen wir uns immer über unseren roten Mast: er erleichtert
uns, unser Boot zu finden. Nach einem ausgiebigen Früh-
stück war Landgang angesagt. Wir schlenderten durch
die Stadt, kauften Ersatz für unsere zer-fledderten deutschen und dänischen Flaggen und erwarben endlich
auch eine Europaflagge.
Stralsund ist eine interessante Stadt: Altes wird dort -- in unseren Augen nicht immer sehr gekonnt -- durch
Neues ergänzt. Der Begriff Hochbau wird dabei anschaulich erläutert. Bei einem Besuch im
Gewerkschaftshaus, wo sich Sabine nach dem Verbleib eines ihrer früheren Kollegen erkundigte, sahen wir
erstklassige Plakate zur aktuellen Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik und freuten uns, dass wir davon nicht
unmittelbar betroffen sind. Sabines Kollege war nicht da, also ließen wir uns ein gutes Restaurant für
den Abend empfehlen und guckten weiter durch die Stadt. Bei den Wallanlagen (dort werden sie Bastionen genannt)
hielten wir uns von den Eisflächen gut frei -- das Risiko war uns einfach zu hoch. Wir begaben uns statt-
dessen wieder in die Altstadt und stellten beim goti-schen Dielenhaus fest, dass doch noch eine nennens-werte
Altersdif-ferenz zwischen dem Wächter und Gun besteht, ob-
wohl dieser ja auch schon ganz schön alt ist -- und an diesem Tag noch älter wurde. In Stralsund gibt
es eine große Anzahl schöner Türen zu sehen, die erstaunlicherweise nicht immer in besonders
schöne Gebäude füh-
ren. Uns gefallen auch die eindrucksvollen Bürger-häuser unterschiedlicher Epochen, die oft
Gastro-nomiebetriebe enthalten und in jedem Prospekt zu finden sind. Ebenfalls dort zu finden sind die mächtigen
Kirchen und das Rathaus. Es ist sofort zu sehen, dass Stralsund als Hansestadt eine Stadt der Pfeffersäcke
war, die ihren Reichtum und ihre Macht gern zur Schau stellten. Besonders deutlich wird das beim Rathaus: eine
beeindruckende Fassade Richtung alter Markt und ab dem 3. Stock nichts dahinter als Luft -- wie bei einem Saloon im Wilden Westen.
Während das Rathaus im Auf-trag der damaligen ehrenwerten Bürger versucht, falsche Sach-verhalte
vorzutäuschen, zeigt der Kleinwagen ganz deutlich, dass alles nur vorgespiegelt ist. Wir sahen auch
verschiedene heruntergekommene aber in
unseren Augen erhaltenswerte Gebäude, sowie eine Kirchenruine, die
wohl auch ein großdeutsches Denkmal ist. Leider haben wir diese Anblicke nicht in den Broschüren
gesehen. Wir haben allerdings den Eindruck, dass die
Stralsunder ihre Geschichte nicht durch Verdrängung bewältigen wollen: Es gibt noch ein
Ernst-Thälmann-Denkmal sowie Straßen mit den Namen von Karl Marx und Friedrich Engels.
Dann stellte sich die Frage, wohin zum Essen? Fish & Ships? Das schien uns unangemessen viel; wir entschieden
uns deshalb für das
(von den Kolleginnen empfohlene) Torschließerhaus, das wir weiter empfehlen können, und nahmen dann
noch ein Schwarzbier in der Hafenkneipe. Am nächsten Tag holten wir noch unseren Schirm aus dem
Torschließerhaus und machten uns dann bei ange-nehmem Wetter auf den Weg nach Vitte.