Am nächsten Tag hat es richtig gekachelt. Wohl dem, der nicht über einem Platschheck schlafen muss, unter
das unentwegt die Wellen klatschen -- wir würden vermutlich das Boot umdrehen -- nicht Kiel nach oben, sondern
Bug gegen den Wind. Hinzu kam die Funktion der Masten als Orgelpfeifen: laut jaulend. Da waren wir schon besser dran:
kein Platschheck und der Mast, von vorn angeströmt, hat nicht geheult und
die Fallen haben auch nicht geklappert. Auf die Bb.-Trampolins haben wir Wasserka-nister gelegt, damit sie nicht so
flappten. An einem solchen Tag kann man nur an Land gehen: dort ist das
Wetter wesentlich weni-ger nervig, als auf dem Boot und außerdem wäre es doof, Ålborg nicht zu besuchen:
deshalb sind wir doch hergekommen. Bereits die letzten Rotdorn-Blüten sind ein Genuss für den Landgänger!
Kurz nach der großen Kirche, dem Dom, oder wie auch immer dieses Gebäude heißen mag, bogen wir zielstrebig
rechts ein und fanden auch sofort die Bäckerei "La Bontá" mit dem allerbesten Vollkornbrot, das wir in
Dänemark je bekom-men haben. Außerdem gibt es im Café, das dazu gehört, leckere kleine Kuchen,
die hervorragend zum Kaffee passen.
Ganz in der Nähe liegt der Platz, an
dem die junge Dohle nach ihrer Mutter piepste und nochmals ein kleines Stück weiter die Glasbläserei.
Die freundliche Verkäuferin erlaubte uns zu fotografieren. Es gab viel
Schönes zu bewundern. Am besten gefiel uns (Gun: neben der Verkäuferin) das Regal, in dem u.a.
die Schale mit dem rot-schwarzen Zentrum ausgestellt war.
Da weder eine eingehendere Befassung mit der Verkäufe-rin,
noch Schale (mit DKR 1600 zu teuer) in Betracht kamen, gingen wir nach einiger Zeit weiter zu Lange Kunst-handverk,
deren Adresse uns auch die (wirklich nette) Verkäuferin gegeben hatte. Dort gibt es weniger schöne als
vielmehr skurrile Sachen.
Aber "das große Fressen" (große Fi-sche fressen kleine) hat uns gut gefal-len und eine Fahrt mit der
"Cirkle Line" wäre bestimmt auch lustig gewesen. Ålborg hat natürlich neben Kunsthand-werk, malerischen
Gassen und repräsen-tativen Plätzen noch mehr zu bieten. Z. B. ausgefallene Dekorationsvarianten im Kaufhaus,
wo sich neben Hellmann's echter Mayonnaise Toilettenpapier fin-det -- falls einem erstere nicht bekom-men ist (vermuten
wir). Wir hatten kei-nen Bedarf: weder an echter Mayonnai-se, noch an Toilettenpapier. Statt also den Binnenmarkt zu
stärken, schlender-ten wir weiter über Plätze, durch Gas-
sen bis hinunter zum Wasser.
Der Ausblick auf die Industrieanlagen war viel schöner als beim Einlaufen: die Sonne schien !!
Um 18:00 Uhr wurde -- extra für Sabine -- die Wassermusik von Händel gespielt; der Kollege Sensor drehte,
dazu passend, die Wasserhähne der einzelnen Brunnen auf und zu: ein schönes Bild. Danach gab es mehr Kultur:
Beim neugierigen Blick in einen Hinterhof wurden wir von einem Mitglied des Freundeskreises des Jomfru Ann Theaters
in dasselbe hineingewunken: Heute war der letzte Tag des Theaters an diesem Platz; ein Grund, auch völlig fremde
Ausländer zu sehr gutem lokalem Bier und Pølsern einzuladen. Der Umzug in's NordKraft Gebäude, zu Fuss
etwa 10 Minuten entfernt, werde von allen Betroffenen als positive Veränderung empfunden und sei deshalb ein Grund,
den letzten Abend zu feiern. Also gab es auch noch Musik: eine für uns völlig ungewohnte Kombination: Geige
und Gitarre -- aber gut.
Auf dem Weg zum Restaurant Thai-Garden, wo wir bereits im Jahr zuvor (aufgrund Wulfo's Einladung) gut gegessen hatten,
kamen wir noch am John Bull Pub vorbei und machten einen Knoten in unsere Gedanken, dass wir am nächsten Tag,
sofern wir noch in Ålborg liegen würden, nicht nur vorbei, sondern hinein gehen wollten. Dann schnell durch
Little Reeperbahn zum Essen.
Im Thai-Garden genossen wir ein Thai-Buffet, bei dem man sich die Zutaten selbst zusammen-stellt und dann dem Koch
zum Zubereiten auf der Plancha übergibt. Für uns, die wir nicht wissen, wie Zutaten und Gewürze sich zu einem
guten Thai-Essen verbinden, scheint es jedoch günstiger zu sein, fertige Gerichte zu bestellen.
-- Geschmeckt hat es trotzdem!! Außerdem haben wir noch ein nettes Schwätzchen mit einer Kellnerin gehalten.
Sie ist im Alter von zwei Jahren aus Vietnam nach Dänemark gekommen, also eine echte Dänin, die jetzt, mit 21
in Ålborg Jura studiert und an den Wochenenden als Kellnerin arbeitet -- voll integriert, das finden wir toll! Auf
dem Heimweg am Wasser entlang, es blies jetzt weniger, trafen wir Tina und Jegvan (ein fürchterlich schwierig zu
merkender Name), die mit ihrem Traditions-Passagierschiff "Saga" (2 Mast Gaffeltoppsegelschoner, Baujahr 1935 von 25 m
Länge) gerade festgemacht hatten. Wir hatten die beiden letztes Jahr in Doverodde getroffen und einen sehr angenehmen
Abend mteinander verbracht, und auch an diesem Abend tranken wir noch gemeinsam ein Bier zum Abtoppen. Die "Saga" ist ein
echtes Schmuckstück, ihre Eigner sind nett, und wir hoffen, sie erneut zu treffen.
Am nächsten Tag war es regnerisch; also nahmen wir den Schirm und gingen erneut an Land. Vorbei an verzierten
Haustüren führte unser Weg zunächst zum Aalborg Historiske Museum wo mit alten Stichen, Malereien und
Fotografien (die Kameras waren früher bisweilen etwas unhandlich) die Vergangenheit der Stadt in Erinnerung gerufen
wird. Hinzu kommen eine Vielzahl von Exponaten aus Glas und Silber, sowie die Einrichtung eines Teils einer
Zigarrenmanufaktur -- alles vorbei.
Nachdem wir uns am Vorabend schon von den Theaterleuten haben aushalten lassen, wollten wir jetzt wenigstens ihr neues
Domizil sehen und gingen das kurze Stück zum NordKraft Gebäu-de: Ein altes Kraftwerk, so wie in Hamburg
eben-falls einige alte Fabrik-
anlagen kulturell genutzt werden. Wir haben den Eindruck,
dass die Dänen auch eine gute Hand für solcherart geänderte Einsatzarten haben. Nachdem wir auch noch im
Einkaufszentrum (leider fast alles geschlossen, da Samstag Spätnachmittag) die Wandmalerei eine Cafeteria bewundert
hatten, machten wir uns auf, den Knoten in unseren Gedanken mittels eines John Bull Ale und eines Kilkenny Bitter zu
lösen. Sabine verfolgte das Spiel Ghana : Australien mit erheblichem Interesse und auch
Gun mußte zugeben, dass es an Zauberei grenzt, wenn ein schwarzer Mann in die Luft langt und dann einen Ball in
den Händen hat -- so einen Torwart hatten die Ghanesen -- faszinierend. Der Weg zum Boot war regnerisch und eklig:
wir beschlossen, Aalborg am nächsten Vormittag zu verlassen.