Segeln: Katamaran "La Guagua" 2010: nach Stralsund

von Swinoujscie nach Stralsund

zum Reisebeginn

Bei Abfahrt Swinoujscie hatten wir nicht mit Starkwind zu kämp-fen: Es hauchte aus südlichen Richtungen mit 1bis 2 Bft. Dies gab uns Gelegenheit, die neuesten Neuheiten der Schiffbaukunst zu be-trachten. Aus dem richtigen Winkel gesehen, wirkt die Kombination zwischen Riesenrad und Fähre durchaus reizvoll. Sollten wir hiermit den Schaustellern des Hamburger Dom oder ihren Kollegen von der Hafenrundfahrt einen wertvollen Tipp gegeben haben, so vertrauen wir darauf, dass diese sich nach echter Kaufmannstradition erkennt-lich zeigen. Eben südlich von Swinoujscie wurde uns wieder einmal ein reales Beispiel polnischen Schiffbaus vorgeführt: Man baue eine Sektion auf der grünen Wiese und bestelle anschließend einen Schwimmkran, um diese mit anderen Sektionen zusammenzufügen. Bis Karsibor kreuzten wir die Swina und anschließend den Kanal Pias-

towski (ehemals Kaiserfahrt) hinauf und starteten dann den Motor weil etliche Schiffe den Kanal entlangfuhren und der Wind komplett einpackte. Ein Gastanker wurde von einem großen Schlepper begleitet, der umdrehte, als der Tanker den Kanal verliess; ganz schön vorsichtig! Kurz nachdem wir den Kanal hinter uns gebracht hatten, wagten wir einen er-neuten Segelversuch. Der Wind drehte, wie von verschiede-nen Vorhersagen versprochen, nach NE und nahm zu bis auf freundliche 3 Bft. Noch bevor wir die Ruine der Eisenbahn-brücke von Karnin, ein weiteres großdeutsches Denkmal, das bereits aus großer Entfernung zu sehen war, erreichten, begegneten uns die ostgehenden Segler der 16:45 Brücken-öffnung von Zecherin. Vor der Klappbrücke kamen wir um 18:45 Uhr an und legten uns mit 2 Vorleinen an den Warte-dalben davor, um die nächste Öffnung um 20:45 abzuwarten. Diesen zweistündigen Moment nutzten wir, um von Sabine während der Flautenzeit vorbereitete Bratkartoffeln nebst dänischem Hering zu essen und einen Brief an den Brücken-öffnungszeitbestimmer zu besprechen. Die Tatsache, dass dieses mächtige Bauwerk, über das wir mehr als zwei Autos fahren sahen, in der Hauptsegelsaison fünf Mal täglich für maximal 20 Minuten geöffnet wird, liess es uns geraten erscheinen einen solchen Brief zu schreiben.

Pünktlich zur Brückenöffnung begann das Gewitter, gerade nachdem wir unser Ölzeug angezogen hatten. Wenigstens die Blitze sorgten für etwas Beleuchtung in der einsetzen-den Dunkelheit. Das Ölzeug hatte obendrein den Vorteil, dass die Mücken nur geringe Angriffsfläche fanden, als wir uns per GPS zum Ankerplatz eben nördlich der Brücke tasteten. Dort lagen wir vor beiden Ankern mit je 35 m Kette/Leine hervorragend. Wir hätten diesen erstklassigen Ankerplatz nie erlebt, gäbe es Dr. Dr. Hirnbeiss nicht; dafür danken wir ihm.

Am Morgen erhielten wir Besuch von Familie Frosch. Klettermaxe war auch dabei: er hatte sich durchs Lenzrohr zunächst bis ins Cockpit vorgearbeitet und inspizierte danach eingehend die verschiedenen Leinen auf dem Trampolin -- wie man das vor Abfahrt so macht.

Von der Zecherin bis nach Krummin hatten wir die Strecke von 18 sm zu bewältigen. Wir brauchten dafür nur gute 5 Stunden, während derer wir mehrere Seeadler sahen. Sie haben ihren Horst -- so wurde uns erzählt -- auf dem weissen Berg, einer Halbinsel südlich des Achterwassers. Außerdem sahen wir wiederholt eine besondere Art von Stell-netzen oberhalb des Wasserspiegels; wir vermuten, sie dienen dem Fang fliegender Fische.

In Krummin trafen wir uns mit Arwed, einem ehemaligen Kollegen von Gun, und seiner Frau Helga. Sie lagen mit ihrer Likedeeler, bewacht von ihrem sehr freundlichen Hund Jonas, bereits seit etlichen Tagen dort. Krummin nennt sich Natur-hafen, weil seine Stege so geschickt hinter eine Schilfhalbinsel gebaut wurden, dass auf eine Mole oder Ähnliches verzichtet werden konnte. Das sehr gepflegte, reetgedeckte Sanitärgebäude steht in einem netten Garten mit wunderschönen Blüten.

Eigentlich wollten wir mit Arwed und Helga segeln gehen -- daraus wurde leider nichts: Am Ankunftstag gab es nur flaue Winde, am Folgetag regnete es viele Millimeter und als wir wieder ab-fuhren war Totenflaute. So konnten wir nur demonstrieren, dass sich La Guagua selbst unter Motor bewegen läßt, als wir uns pünktlich zur Brückenöffnung nach Wolgast auf den Weg machten. Dort

stellten wir beim Anblick der Peenewerft fest, dass es zwar keine "Bundeswehr nach Kassenlage gibt" (Guttenberg), wohl aber eine Kassen-lage nach Bundeswehr. Bevor wir unsere Gäste kurz hinter der Werft wieder absetzten, fassten wir ins Auge, die versäumte Segelei im nächsten Jahr nachzuholen; dies verschwiegen wir Jonas, ihm hatte es auf unserem

Boot nicht so recht gefallen. Wenig später nahm die Brücke Haltung an (manche Brücken wissen eben was sich gehört; kein Wunder bei der An-

wesenheit mehrerer grauer Dampfer) und 12:52 passierten wir sie ohne besondere Vorkommnisse. Der Wind war flau und kam genau gegenan, also motorsegelten wir bis Tonne "PN 30" so langsam den Peenestrom hinab. ab dort konnten wir -- langsam -- segeln. Ziemlich am Nordende (in der Nähe des Parkhauses für Kormorane) mußten wir sogar noch kreuzen; wir begannen über die verschiedenen Ankermög-lichkeiten auf dem Weg nach Stralsund nachzudenken. Der

Wind drehte auf NE, später auf NNE und nahm auf bis zu 4 Bft. zu. Bevor La Guagua begann nach Westen zu laufen, konnten wir noch die niederländische Ketsch unter vollen Segeln bewundern. Wir rauschten an einem weiteren Bau-stellenfahrzeug vorbei, wunderten uns, dass die Ariadne von Guayana in den Greifswalder Bodden verlegt worden war (auch ein Coup von Bundes-Gerd?) und liefen mit 13,4 kn in der Spitze in den Strelasund ein, dessen Ufer an vielen Stellen eine wahre Augenweide sind. Beim Passieren der Volkswerft Stralsund waren wir immerhin noch mit 10 kn unterwegs und begannen zu hoffen, dass wir die 17:20 Uhr Brückenöffnung noch erreichen könnten -- aaaber wir verpassten sie um fünf Minuten oder 3 Kabellängen; wir kamen erst um 17:45 Uhr an und die Brücke wird für maximal 20 Minuten geöffnet. Auf Geheiss des Dr. Dr. Hirnbeiss klappte der Brückenwärter die beiden Arme vor unserer Nase herunter. Dies gab uns die Gelegenheit, bei

Helligkeit einen angenehmen, ruhigen Ankerplatz in der Wamper Wiek aufzusuchen, da wir nicht viertel vor zehn im Dunklen durch den Hafen von Stralsund fahren wollten. Weil am nächsten Morgen der Wind aus dem Westen kam motorten wir zur Brücke um nicht zu riskieren, die 08:20 Öffnung zu verpassen. Die Marina war gut belegt, aber wir fanden eine freie Doppelbox an Brücke 5, in die wir uns vorsichtig einfädelten. Als wir drin und im Wesentlichen fest waren, fragten auch die Nach-barn, ob sie helfen könnten -- wir wußten das zu würdigen: Man soll über die Angst anderer beim Anblick unseres Floßes nie lachen (jedenfalls nicht, wenn sie es sehen)

Hafeninfo Stralsund, Citymarina
Liegegeld € 17 zuzüglich Kosten für Strom Wasser und Duschen per aufladbarer Karte.
Internet via t-online gegen Gebühr
Sehr geehrter Herr Dr. Dr. Hirnbeiss
als von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns beauftragter Brücken-öffnungszeitbestimmer wollen sie bitte zunächst unsere ausländischen Grüße wohl-wollend entgegennehmen. Wir erlauben uns, Ihnen unsere Annerkennung für Ihre Umsicht auszusprechen, die Frühöffnung der Klappbrücken in Stralsund, Wolgast und Zecherin zeitlich so zu legen, dass sie von kaum einem Segler der umliegenden Häfen außerhalb des Juni erreicht werden kann. Ebenso haben Sie klug gehandelt, die Spätöffnung derselben so nahe an den Sonnenuntergang zu legen, dass nur wenige Sportboote noch einen der umliegenden Häfen erreichen können. Damit haben Sie wesentlich zur Schonung der Wasserstraße beigetragen. Die übrigen Öffnungszei-ten haben Sie zeitlich so gestreckt, dass die Wassersportler Gelegenheit erhalten, sich recht lange in Ihren Gewässern aufzuhalten.
Ihre dänischen und niederländischen Kollegen handeln nicht so umsichtig: Letztere öffnen die Brücken über ihre Kanäle häufig bereits bei Annäherung eines Sport-bootes, sodass noch nicht einmal die Fahrt verringert werden muss. Die Dänen sind so unverständig, die Brücken in Aalborg stündlich und weitere Brücken über den Lim-fjord halbstündlich zu öffnen, obwohl diese doch nicht so große Bereiche wie Alte-fähr oder Usedom mit dem Rest ihres Königreichs verbinden, sondern nur das im Vergleich vollkommen unbedeutende nördliche Jütland.
Abschließend bitten wir Sie, ins Auge zu fassen, Ihre dänischen und niederländischen Kollegen einzuladen, um mit ihnen die Vereinheitlichung der Brückenöffnungszeiten entsprechend mecklenburg-vorpommerschem Standard auf europäischer Ebene zur Förderung des Wassersports auf den Weg zu bringen.
Für Ihre Bereitschaft, unsere bescheidenen Wünsche zu prüfen danken wir Ihnen sehr
Crew des Segelbootes La Guagua
aus dem fernen Hamburg
Ort Datum Uhrzeit
Abfahrt Swinoujscie 12.08.10 11:35
Ankunft Stralsund 16.08.10 09:05
Motor Segel max. Fahrt
diese Etappe 21 sm 76 sm 13,4 kn
bisher 64 sm 1011 sm 15,7 kn
Fähre mit Riesenrad
Neubausektion an Land
Gastanker mit Sicherungsfahrzeug im Kanal Piastowski
schöner, alter Segler im Stettiner Haff
Kriegsruine der Eisenbahnbrücke von Karnin
warten vor der Zecherin-Klappbrücke
Frösche im Heck
Frosch im Cockpit
Frosch auf dem Trampolin
Seeadler von achtern
Stellnetze für fliegende Fische (?)
Waschhaus von Krummin
Blüte im Garten von Krummin
Likedeeler in Krummin
Flaute auf dem Weg nach Wolgast
Jonas
graue Dampfer an der Peenewerft
geöffnete Klappbrücke von Wolgast
Ariadne im Grifswalder Bodden
große niederländische Ketsch unter vollen Segeln
Baufahrzeug für Gaspipeline
Nordufer im Strelasund
Volkswerft Stralsund
Ziegelgrabenbrücke / Stralsund beim Zuklappen