Segeln: Katamaran "La Guagua" 2009: Kosteröarna

Ekenäs / Syd Koster

zum Reisebeginn

In der Vergangenheit hatten wir sehr selten Schwierigkei-ten, in einem Hafen einen geeigneten Liegeplatz zu finden. In Ekenäs war das jedoch unmöglich: im Hafen, der ohnehin nicht recht gross war, lagen bereits dicke Päckchen: keine Chance für uns. Da der Wind schon kräftig aus dem Süden wehte, hatten wir auch keine Lust, (mit ungewissem Ergeb-nis) nach Ramsö zu kreuzen. Also wollten wir einen Blick auf Bopallen auf Nord Koster werfen und, falls das auch nicht in Betracht käme, zurück zum Festland gehen. Als wir Ekenäs nach erfolgloser Hafenrundfahrt verließen, sahen wir, dass östlich des Ost-Wellenbrechers eine angenehm große, freie Wasserfläche ohne Boote war. Vorsichtig hinein:

tief genug; was für Windrichtungen waren angesagt: Südost bis West; nichts von Ost oder Nord -- alles klar: Fallen Anker (auf Sand!). Da viel Wind vorhergesagt war und wir vorsichtig sind, brachten wir zusätzlich noch Landleinen aus:

--- je eine Querleine vorn und achtern zum Wellenbrecher; um Schamfilen an den scharfkantigen Steinen zu vermeiden, werden die Leinen an gefährdeten Stellen durch 3 mm Kunststoffschlauch geschützt;

--- eine Vorleine von etwa 40 m wird am Strand an einem dicken, runden Stein festgemacht. Dazu wird um diesen ein doppelter Stropp aus 14 mm geflochte-nem Großschotmaterial gelegt und geschnürt, sodass er nicht am Stein hin- und her- scheuern kann;

--- an der Bb.-Seite wird nach Osten eine weitere Querleine in gleicher Art wie die Vorleine festgemacht, um zu verhindern, dass La Guagua bei einem vorüber-gehenden östlichen Winddreher auf die Mole gedrückt wird.

Nachdem wir La Guagua so wie den Spinner ins Netz

gesetzt hatten, gingen wir erst mal an Land, Hamneholmen erkunden. Leider wurde unser Landgang durch

einen leichten Regen-schauer vor der Zeit beendet; also fuhren wir an Bord zurück, um auf bessere Zeiten zu warten. Diese kamen glücklicherweise nach Mozarella mit Tomate und lange bevor es dunkel wurde. Genug Zeit, um an Land ver-wegene Puppen und schöne Häuser anzu-sehen. Der Regen-sammler hatte noch viel Arbeit vor sich ...

Auf den Genuss des appetit-lichen Pilzes verzichteten wir. Stattdessen fanden wir heraus, dass die Kosters Rökeri auch Brot verkaufte: Die deutlich bessere Alter-native für den nächsten Morgen!! Nach einem aus-giebigen Frühstück mit erst-klassigen Semmeln "Thor Balder" stand Landgang auf dem Zettel. Nur die fette Bö wollten wir noch abwar-ten, es hatte ja schließlich keinen Zweck, gleich am Anfang nass zu werden.

Diese Bö brachte 40 mm Regen (gehen wir von 60 m² Decksfläche aus, so fielen auf La Guagua 2400 Liter Regen also etwa 2,4 Tonnen), heftige Windstöße unklarer Stärke und zum Schluss Gewitter. Sie begann 12:30, endete etwa 14:40 Uhr und veranlaßte uns um 15:00 Uhr den Bruce Anker zwischen die

Steine der Mole zu klemmen, um nicht nur auf Leinen angewiesen zu sein, die scheuergefährdet sind. Den Landgang verschoben wir immer wieder auf den Zeitpunkt, wenn das Wetter besser aussähe. Gegen 17:00 Uhr war uns der Wind zu stark, um noch eine Gummiwurscht-Tour zu der von uns so sehr begehrten Dusche zu wagen. Ein wesentliches Problem war die Windrichtung: ablandig war zwar schön, da es keine Welle an unserem Liegeplatz gab, aber gleichzeitig hätte irgend ein Motorproblem ein

Abtreiben in den Koster Fjord bedeutet -- next Stop Norway, ankern unmöglich, zu tief ...

Bis 21:00 Uhr haben wir weitere Leinen ausgebracht und an Bord auf die verschiedenen Belegpunkte verteilt, um sicher zu sein, dass, wenn irgendwas knallt, nicht die Gefahr besteht, dass das Boot auf Drift geht. Denn selbst wenn La Guagua an den vorgelagerten Steinen unbeschadet vorbeikommen und das tiefe Wasser des Koster Fjord erreichen würde, so würde sie bei den herrschenden und vorher-gesagten Wetterbedingungen vermutlich nur unbeherrschbares Treibgut sein und in Norwegen auf die Felsen gehen mit unklarem Ausgang für uns.
Für 22:00 hat Gun in's Tagebuch eingetragen: "Beiboot Stb. achtern auf relativ loser Querleine mit Klappblock und Karabiner gegen Vertreiben gesichert, falls wir La Guagua verlassen müssen. Beiboot-Fangleine auf Slip". Sabine packte alle Papiere, ein paar Kleidungsstücke (und an Wertgegenständen alles, was hineinpaßte) in einen wasserdichten Sack, um sicher zu sein, dass wir im schlimmsten Fall nicht nur mit nassen Klamotten an der Beach stünden.
Deutschland Radio sagte im Seewetterbericht 01:05 fürs Skagerrak bis zum Mittag voraus "Südwest bis West 8 bis 9, orkanartige Schauerböen, See 3 - 6 m"
Kurz nach 06:00 haben wir den Pflugschar mit 40 m Kette und Leine in die Mole gelegt. Der Wind war deutlich oberhalb 7 Bft und sehr sehr böig.
Gegen acht am 31.07.09, nach einem besonders heftigen Drücker, hatten wir den Eindruck, dass das große Gebläse vorbei sei.
Um zwölf war der Wind auf Westsüdwest 5 - 6 herunter und Gun ging in die Koje.
Es ist nichts passiert, aber wir hätten auf diese Nacht sehr gut verzichten können. Es war die ekel-hafteste unserer bisherigen Segelei. Im Süden über dem Koster Fjord kreisten Hubschrauber und ein Flugzeug der schwedischen Kustbevakning. Sabine: "Die suchen, da muss etwas passiert sein"

Der Nachmittag, war dann ruhig, wir gingen an Land und durchstreiften den nordöstlichen Teil der Insel. Syd Koster ist zwar von Felsen durchzogen, aber große Geröllfelder, wie auf Nord Koster gibt es hier nicht. Dazu ist es üppig grün; eine Eiche hat geradezu gewaltige Ausmaße. Auch scheint uns der Süden

dichter besiedelt als der Norden. Am nächsten Tag war dann nach dem üblichen, ausgiebigen Frühstück (das hier per Gummiwurscht angeliefert wird) der Südwesten der Insel dran: Wegen des ausgeprägten Tourismus mangelt es auch nicht an Wanderwegen; was die Markierung betrifft, so könnte ein Besuch in den Alpen oder die vorübergehende Beschäftigung eines Alpenvereins-Wegmarkierers nicht schaden.

Während unserer Spaziergänge wurde uns von mehreren Schweden unabhängig voneinander erzählt, dass ein 70 m - Kümo unter norwegischer Flagge im Koster Fjord gesunken sei. Von den 6 Besatzungsmitgliedern aus Rußland und der Ukraine habe niemand überlebt. Bei norwegischer Flagge und

diesen Nationalitäten der Besatzung denkt Gun dann gleich an Billigflagge (Nor-wegian International Ships Register): Ob da mal wieder ein seriöser Reeder Ge-schäfte zu Lasten seiner Arbeitnehmer machen wollte? Nach 4 Tagen, so wurde uns später berichtet, habe die schwedische Coast Guard die Suche beendet. So hoffen wir, dass es für die Seeleute schnell ging und ihre Familienangehörigen wenigstens eine halbwegs brauchbare, finanzielle Entschädigung erhalten wer-den. Viel Hoffnung, dass Politiker den Mißbrauch der Flaggen ihrer Länder zu Lasten von Arbeitnehmern beenden werden, haben wir nicht: Gier wird bedient!!

Die für die Kosteröarna typischen motorisierten Verkehrsmittel haben nur eine sehr begrenzte Kapazität, sind beim Personentransport auch etwas unbequem, haben aber bei schönem Wetter durchaus ihren Charme. Das Leben als Fußgänger hat jedoch ebenfalls Vorteile: Manche

Beeren sind nicht nur schön, sondern die schwarzen Johannis-beeren riesig und zahlreich: Sie passen hervorragend in den Joghurt am Morgen. So gestärkt konnten

wir die Abfahrt von dieser schönen Insel mit der prima Räucherei vorbereiten. Da die Leinen wenigstens grob von den Algen gesäubert werden mußten, dauerte es einige Zeit bis das ganze Zeug an Deck lag und wir fahren konnten.

Auf der Website des smhi lasen wir, dass am 31.07.09 gegen 07:00 Uhr Böen mit 28 m/sek sowohl auf den Väderöarna als auch auf Nord Koster beobachtet wurden; das entspricht 55 kn bzw. 10 bis 11 Bft. und waren die höchsten Windgeschwindigkeiten, die im Juli seit Mitte der neunziger Jahre an der schwedischen Küste gemessen wurden. So blieben wir zwar von den angesagten orkanartigen Böen verschont, aber wir haben den Eindruck, dass unsere Vorsichtsmaßnahmen nicht überflüssig waren.
Sehr gut bewährt haben sich die 3 mm starken, armierten Kunststoffschläuche als "Leinenschoner": sie lagen bei hohen, ruckartigen Belastungen zum Teil um sehr scharfe Kanten und zeigten nur sehr geringe Abnutzungserscheinungen. Ebenfalls als zuverlässig erwiesen haben sich Stroppen, die so um einen rauhen Stein ohne scharfe Kanten geschnürt werden, dass sie nur durch den eigenen Reck schamfilen können: sie wiesen bei der Endkontrolle nur geringe Schäden auf.